Die meisten Menschen begegnen Skateboardern auf der Strasse. Oder in einem Film, in einem Musikvideo. Meist sind es dann Männer. Frauen hingegen sieht man fast nie. Und wenn, dann stehen sie meist auf einem Longboard und tänzeln in einem Abendkleid zu romantischer Musik irgendwo dem Sonnenuntergang entgegen.
 
Mein Name ist Liv Broder. Ich bin 16 Jahre alt, wohne in Zürich. Und ich habe einen anderen Weg gewählt. Ich möchte als Skateboarderin an die Olympischen Spiele in Paris 2024. 
 

Skateboarden sieht so leicht aus. So beschwingt und lässig. Und vermutlich war es das, was auch mich anfangs so fasziniert hat. Doch die wenigsten sind sich bewusst, wie viele Trainingsstunden, Schweiss und blaue Flecken sich hinter dieser „Lässigkeit“ verbergen.

Ich habe mit etwa sechs Jahren mit dem Skaten angefangen. Mit 14 wurde ich bereits Schweizer Meisterin. Anfang Dezember war ich für fast zwei Wochen in Japan, um als einzige Frau im Nationalteam von Swiss Skateboard an den Weltmeisterschaften in Tokio teilzunehmen. Knapp 80 Skaterinnen waren dort. Sie kamen von überall her – ja, sogar aus Angola oder Thailand. Ich habe mich leider knapp nicht für das Finale der besten 32 Fahrerinnen qualifizieren können. 

An einem solchen Contest hat man jeweils zwei Läufe à 45 Sekunden, in denen man möglichst viele spektakuläre Tricks stehen muss. Meine Stärke ist das Rail-Skaten, also Sprünge auf eine Art Treppengeländer. Ausgerechnet da wurde mir das letzte Hindernis zum Verhängnis. Letztlich wurde ich 38. Mit der Leistung bin ich nicht so zufrieden, aber mit dem Resultat eigentlich schon. Denn damit gewann ich weitere wichtige Punkte, die ich brauche, um bis Ende Mai 2024 auf der Weltrangliste unter die besten 44 Fahrerinnen der Welt zu kommen. Nur sie werden in einer letzten Qualifikationsrunde um die 22 Startplätze an den Olympischen Spiele in Paris kämpfen können. Dank der Punkte aus Japan machte ich auf der Weltrangliste einen Sprung auf Platz 62. Noch ist also alles möglich. 

Der nächste Stopp ist Anfang März in Dubai. Das Skateboarden bringt mich an Orte, die ich sonst wohl nie kennenlernen würde. Ich liebe das Reisen. Und mittlerweile habe ich auf der Tour viele Freundinnen gefunden. Wir Skateboarderinnen sind wie eine grosse Familie, jede gönnt der anderen ihren Erfolg. Steht eine Frau einen krassen Trick, jubeln alle. Man feiert. Und man leidet zusammen. Skaten bedeutet hinzufallen – und wieder aufzustehen. Es nochmal zu probieren. Immer und immer wieder. Denn das ist das eigentliche Motto beim Skaten – und irgendwie ist das inzwischen auch zu meinem Lebensmotto geworden. Aufgeben? Kommt nicht infrage!